Mannheim gegen Sexkauf

Die Initiative Mannheim gegen Sexkauf fordert die Einführung eines Sexkaufverbots nach dem Vorbild des Nordischen Modells sowie eine umfassende Aufklärung über die Schäden der Prostitution & Pornografie.

Mannheim gegen Sexkauf - Mannheimer Wasserturm

Aufklärung über die Prostitution

Als 2002 die damalige Bundesregierung ( Schröder / Fischer ) die Prostitution legalisierte ( bis dahin galt sie als sittenwidrig und die Prostituierten machten sich strafbar ) war das lobenswerte Ziel, die Prostituierten aus der Illegalität zu holen, ihnen Zugang zur Sozialversicherung zu ermöglichen und „normale“ Arbeitnehmerinnenrechte zugänglich zu machen. Aus Prostituierten wurden, sogenannte „ Sexarbeiterinnen“, „Sexarbeit“ sollte als normaler Beruf gelten, wie jeder andere Beruf auch. Man hoffte, damit auszudrücken, dass die Gesellschaft ein modernes, aufgeschlossenes Bild von Sexualität entwickelt hatte und freie Sexualität nicht mehr unter moralischen Urteilen schlecht geredet wurde.

15 Jahre später war man etwas klüger: die meisten Frauen waren nach wie vor nicht versichert. Den Bordellbetreibern und Zuhältern war die Sozialversicherungspflicht ihrer „Angestellten-“, „Scheinselbständigen-“ „ SexarbeiterInnen“ gesetzlich nicht auferlegt worden. Sie arbeiteten nicht selbstbestimmt, sondern im Auftrag und auf Rechnung von Zuhältern und Bordellbetreibern, die sie in Abhängigkeit hielten und ihnen ihr Geld wegnahmen (gegen Aufrechnung der Zimmermiete pro Tag bis 180 € und 25 € Steuerabgaben an das Finanzamt der Stadt Mannheim und ihre Reisekosten nach Deutschland, wenn sie von außerhalb Deutschlands hierher gebracht wurden).

Dadurch, dass Prostitution als normale Berufstätigkeit galt und Menschenhandel extrem schwierig nachweisbar ist, wurde aus Deutschland inzwischen das "BORDELL EUROPAS".

Inzwischen sind 200.000 - 400.000 Frauen und Mädchen in der Prostitution tätig. Ca. 90 % davon kommen aus osteuropäischen Ländern (v.a. Rumänien, Bulgarien und afrikanischen Ländern u.v.a.). Davon sind die meisten über Menschenhändlerringe unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Deutschland gelockt worden. Sie kommen in der Hoffnung auf Arbeit z.B. im Gaststättengewerbe nach Deutschland und werden hier zur Prostitution gezwungen. Die meisten können die Sprache nicht, ihnen wurden ihre Papiere abgenommen, sie wissen meistens nicht einmal in welcher Stadt sie sind und werden in kurzen Zeitabständen von einer Stadt in die nächste weitergegeben. Von Rechten und Beratungsmöglichkeiten oder Hilfsangeboten haben sie keine Vorstellung. Sie werden zur Prostitution in Bordellen gezwungen, die in der derzeitigen Rechtslage praktisch nicht zu kontrollieren sind: Bordelle werden als Wellnessoasen oder Saunaclubs betrieben und unterliegen weniger Auflagen als jede Imbissbude.

Aber selbst diejenigen Frauen, die scheinbar freiwillig, selbständig und selbstbestimmt als Prostituierte ihren Lebensunterhalt verdienen, sind in der Mehrheit Frauen, die einer anderen Arbeit vermutlich lieber nachgingen , wenn sie die Möglichkeit dazu hätten: Armutsprostitution ist nicht unbedingt das, was man sich unter Freiwilligkeit vorstellt.

Und auch wenn eine Frau selbst entscheidet, mit Prostitution ihr Geld zu verdienen, dass Männer ihren Körper benutzen, hat sie in aller Regel in der Vergangenheit Eines gelernt, was man für die Prostitution braucht:

Die Fähigkeit sich selbst, sein Empfinden und seine Seele aus dem Körper auszuschalten. Die Psychotherapie spricht dabei von Dissoziation- meistens die Folge von früheren schweren Traumatisierungen. Und tatsächlich findet sich in der Lebensgeschichte fast aller Prostituierten ein früher Missbrauch. Kaum eine Frau, die in der Prostitution arbeitet, sowohl die "Freiwilligen" wie auch erst recht die Opfer der Zwangsprostitution, kann ohne Dissoziation überleben: Die "Sexarbeit" in dem extrem gewaltgefährdeten Umfeld des Rotlichtmilieus und die tägliche Erfahrung der Entwürdigung als Ware, die dem Willen fremder Männer unterworfen ist, alles zu tun was diese wollen, führen zu existenziellem psychischem und physischem Leid, das in der Regel nur mit Alkohol, Drogen und als letzter Ausweg Suizid, zu ertragen ist.

Viele der Prostituierten möchten aus dem „Geschäft“ aussteigen. Allein: das ist in den meisten Fällen gefährlich, wenn nicht unmöglich. Die meisten Frauen werden alle paar Wochen in andere Städte gebracht, damit dort „frische Ware“ ankommt. Sie können sich nicht zurecht finden, weil sie die Sprache nicht können und sie werden von ihren „ Besitzern“ oft mit brutaler Gewalt daran gehindert, das Bordell zu verlassen, in dem sie eingesperrt ihre Arbeit verrichten müssen.

Es geht uns beim Sexkaufverbot und Einführung des Nordischen Modell nicht darum, Sexualität zu verurteilen, noch Lust zu kriminalisieren und Vergnügen zu verbieten. Es geht darum, dass all dies nicht auf Kosten der Menschenwürde und Menschenrechte der Frauen geschehen darf.

Natürlich dürfen Männer Sex wollen, ebenso wie Frauen.

Sie dürfen sich „das auch was kosten lassen“: Sich um eine Frau zu bemühen (womöglich sogar die Eigene ?!), sich Gedanken machen, was ihr Spaß bereiten würde, wofür sie sich gerne öffnen würde, was ihre Wünsche wären – all das ist wünschenswert, und gehört zu einem Verhältnis zwischen Menschen die sich wertschätzen, dazu. Dies gilt für jede Beziehung, sei sie so kurz wie eine Stunde oder Jahre.

Menschenwürdige Sexualität hat aber nichts damit zu tun, dass ein Mann Geld dafür bezahlt, dass er eine Frau als Ware kauft und ihren Körper dazu benutzen kann, alles mit ihr zu tun, was ihm in den Sinn kommt, auch wenn es die Frau nicht will.

Das ist nicht menschenwürdige Sexualität, sondern pure Gewalt und Vergewaltigung der Frau und mit der Menschenwürde Art. 1 Grundgesetz nicht vereinbar.

Es darf nicht zum guten Ton gehören, dass Junggesellenabschiede im Bordell enden und Geschäftsleute ihren Abschluss mit bezahlten Frauen auf Geschäftsrechnung beschließen. 

Mit Sexkaufverbot und Einführung des Nordischen Modell wird - das haben die Erfahrungen aus den Ländern, die diesen Weg schon gegangen sind - die Prostitution nicht völlig aus der Welt geschafft, aber das immense Leid der Frauen in der Prostitution wird deutlich verringert. Und, das haben die Erfahrungen aus z.B. Schweden gezeigt: damit ändert sich tatsächlich etwas in der Wahrnehmung von Menschenwürde und auch im Umgang zwischen den Geschlechtern.

Die Hindernisse auf dem Weg dorthin sind in Deutschland noch groß:

Die Pro-Prostitutionslobby ist, anders als die Frauen in der Prostitution, gut organisiert, zahlungskräftig und gut vernetzt. Bordellbetreiber und Zuhälter verdienen Milliarden am Prostitutionsgeschäft und Staat und Kommunen profitieren daran durch Steuereinnahmen.

Zudem war 2002 die Formulierung des damaligen Prostitutionsgesetzes für viele auch Ausdruck einer aufgeschlossenen, aufgeklärten, emanzipierten Fortschrittlichkeit. Zu erkennen, dass die zwischenzeitlich geänderten Realitäten von den damaligen Akteur*innen ein grundsätzliches Umdenken erfordern, fällt häufig sehr schwer, weil ein Prostitutionsverbot zunächst mit reaktionärer, konservativer und restriktiver Gesinnung assoziiert wird.

Aber das Gegenteil ist der Fall: sich für Frauenrechte und Menschenwürde einzusetzen ist nie reaktionär, sondern zutiefst demokratisch und fortschrittlich.

Deshalb nimmt der Kampf für ein Sexkaufverbot und Einführung des Nordischen Modell allmählich Fahrt auf.

Neben zahlreichen privaten und gesellschaftlichen Initiativen, die über die negativen Auswirkungen des Sexkaufs informieren und für ein Prostitutionsverbot kämpfen, denken auch politische und kirchliche Mandatsträger zunehmend um:

  1. Jetzt wurden von allen Bundesländern die Prostitutionsstätten im Verlauf der Corona-Pandemie geschlossen.
  2. Ein Aufruf von 16 Bundestagsabgeordneten fordert, weiterhin die Bordelle auf Dauer geschlossen zu halten und das „ Nordische Modell“ in Deutschland einzuführen, wie es die Vereinten Nationen in ihrem Beschluss von 1949 und das Europäische Parlament 2014 fordert. Dabei werden die Freier für Sexkauf bestraft, die Prostituierten straffrei belassen und massive Ausstiegshilfen für die Frauen in der Prostitution bereigehalten sowie umfangreich Aufklärung der Öffentlichkeit über Prostitution gefordert.
  3. Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche Heidelberg sich vor kurzem eindeutig für ein Sexkaufverbot und die Einführung des Nordischen Modells positioniert. Dies ist leider bisher eine Ausnahme in der Evangelischen Kirche.
  4. Papst Franziskus nannte schon im September 2015 vor den Vereinten Nationen die Prostitution ebenso wie Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung von Knaben und Mädchen sowie Sklavenarbeit eine Plage, gegen die unsere Institutionen effektiv ankämpfen müssten und nicht nur „mit feierlich übernommenen Verpflichtungen“. Auch hier steht leider noch aus, dass die Katholische Kirche ihrem Oberhaupt in dieser Einschätzung folgt.